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Kriterien „guter“ Pflege

Foto: Andrea Piacquadio (Pexels)

Die befragten 65- bis 75-Jährigen gehen überwiegend davon aus, dass Pflegefachpersonen über hohe fachliche Kompetenzen verfügen. Zum Teil merken sie jedoch an, dass sie die pflegeberufliche Fachlichkeit nicht ausreichend bewerten könnten. Dies erklärt, warum die Befragten „gute Pflege“ vorwiegend mit personalen Kompetenzen (Empathie, Soft Skills) in Verbindung bringen. Für die langzeitstationäre Pflege werden darüber hinaus noch weitere Kriterien für „gute Pflege“ formuliert.

Im Umgang der Pflegefachpersonen mit pflegebedürftigen Menschen ist aus Sicht der pflegenahen Generation die Achtung der Würde und Selbstbestimmung sowie der Respekt vor der Lebensleistung der Pflegebedürftigen zentral. In diesem Zusammenhang berichten die Befragten von Situationen, in denen Sie den Umgang mit pflegebedürftigen Menschen als wenig adäquat erlebt haben, da sie von Pflegekräften häufig wie Kinder angesprochen und behandelt wurden. Der Respekt und die Achtung der Persönlichkeit des Pflegeempfangenden äußert sich für die Befragten beispielsweise dadurch, dass sie von Pflegefachpersonen mit ihrem Nachnamen angesprochen werden.

Zudem wird durch unsere Erhebungen deutlich, dass die Befragten für einen respektvollen Umgang mit Pflegebedürftigen strukturelle Rahmenbedingungen einfordern. Sie möchten, dass Pflegefachpersonen auch Zeit für persönliche Gespräche und zwischenmenschliche Zuwendung haben. Gute Pflege zeichnet sich aus Sicht der Befragten erst durch das Zusammenspiel von Mitmenschlichkeit und fachlicher Expertise aus. Durch den aktuellen Personalmangel scheint dies gefährdet. Vor diesem Hintergrund haben die Befragten zahlreiche Sorgen mit Blick auf ihre etwaige Pflegebedürftigkeit. Dazu zählt z. B. die Angst vor der Einschränkung privater Interessen und Vorlieben sowie vor allem vor schlechter Pflegequalität und Vereinsamung.

Zentrale Projektergebnisse

  • Eine hohe fachliche Expertise ist für die befragten 65- bis 75-Jährigen eine Grundvoraussetzung für berufliche Pflege. Für die Befragten bedeuten eine „gute professionelle Pflege“ häufig Unterstützungsleistungen im Rahmen der Körperpflege, wie z. B. beim Duschen.
  • Darüber hinaus erwarten potenziell Pflegebedürftige von Pflegekräften, dass sie ihre Wünsche respektieren und als Person Achtung und Respekt erfahren.
  • Die Befragten wünschen sich mit Blick auf eine mögliche eigene Pflegebedürftigkeit, dass Pflegefachpersonen mehr Zeit haben. Pflege soll vor allem mit Geduld und ohne Zeitdruck erbracht werden (können).
  • Zu den größten Sorgen der Befragten zählt eine qualitativ schlechte Pflege. Dementsprechend ist eine hohe Pflegequalität auch ein wichtiges Auswahlkriterium für ein Pflegeheim.
  • Dabei ist für die Befragten die Anbindung an den bisherigen Sozialraum keineswegs das wichtigste Kriterium bei der Wahl eines Pflegeheims. Wichtig ist ihnen jedoch, dass sie soziale Kontakte haben, bevorzugt zur Familie. Für einige ist sogar ein Umzug in die Nähe ihrer Kinder vorstellbar, auch wenn sie dafür ihren bisherigen Wohnort verlassen müssten.

Handlungs-
empfehlungen

  • Bedenken Sie, dass die Lebensqualität von Heimbewohner*innen maßgeblich durch die Arbeitsbedingungen der Pflegefachpersonen bestimmt wird.
  • Implementieren Sie den Erwartungen und Bedürfnissen Pflegebedürftiger entsprechend auch in Ihre Weiterbildungsangebote: Hier müssen fachliche und soziale Kompetenzen vermittelt werden.
  • Verankern Sie systematisch regelmäßige Supervision in Ihren Organisationsprozessen. Dies trägt zu einer höheren Zufriedenheit von Pflegenden und Pflegebedürftigen bei. Insbesondere ist dies dann der Fall, wenn die Erwartungen Pflegebedürftiger nicht immer realisiert werden können.
  • Nutzen Sie die Möglichkeiten der Digitalisierung, um zum Beispiel Pflegefachpersonen von Dokumentationstätigkeiten zu entlasten. Diese Zeitfenster können dann für die individuellen Bedarfe der Pflegebedürftigen genutzt werden.
  • In der ambulanten Pflege ist für Pflegebedürftige der Kontakt mit einer Pflegefachperson nicht selten einer der wenigen persönlichen Kontakte überhaupt. Denken Sie daher daran, dass Pflegefachpersonen auch Mittler*innen zu weiteren Betreuungsmöglichkeiten (z. B. Besuchsdienste) sein können.

Projektbezogene
Publikationen

  • Fischer, F.; Boscher, C.; Raiber, L.; Steinle, J.; Rölle, A.; Winter, M. H.-J. (i. E.):
    Implikationen für eine zukunftsorientierte Pflegeausbildung. Die Perspektive zukünftiger Nutzer*innen pflegerischer Leistungen im Alter.
    Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik.

Weiterführende
Informationen

Praxisbeispiel

Das aus den Niederlanden stammende Buurtzorg-Pflegekonzept stellt Pflegebedürftige mit ihren individuellen Bedarfen und Bedürfnissen in den Mittelpunkt der pflegeberuflichen Arbeit. Das Ziel der Pflege ist, die Selbstständigkeit der Pflegebedürftigen und die Einbeziehung des sozialen Umfeldes zu erhalten bzw. zu fördern.
Im Buurtzorg-Modell arbeiten im sozialen Nahraum zwölf Pflegefachpersonen in autonom agierenden Teams zusammen. Die Leistungen werden mit den Kostenträgern nicht über Leistungsbausteine (wie im deutschen SGB XI) abgerechnet, sondern über Zeitbudgets. Dies ermöglicht es den Pflegefachpersonen, auch auf kurzfristige, tagesaktuelle Bedarfe und Bedürfnisse zu reagieren. Zudem arbeitet das Buurtzorg-Modell mit festen Bezugspflegekräften. Nähere Informationen finden Sie hier. Weitere Praxisprojekte finden Sie in unserer Projektdatenbank.

Linksammlung