Über den
Forschungsverbund

Das „Zentrum für angewandte Forschung an Hochschulen für angewandte Wissenschaften“ (ZAFH) care4care ist ein hochschul­übergreifender Forschungsverbund, der vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg sowie aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert wird.

Um das zukunftsrelevante Thema der Fachkräftesicherung in der Pflege zu bearbeiten, schlossen sich die Hochschulen Esslingen und Ravensburg-Weingarten mit dem Institut für Angewandte Wirtschafts­forschung e. V. zusammen.

Unser Ziel ist es, zu analysieren und aufzuzeigen, wie Pflegefachpersonen gewonnen werden und dauerhaft zufrieden sowie gesund ihren Beruf ausüben können. Darüber hinaus ist unser Anliegen, Diskussionen anzuregen und Möglichkeiten aufzuzeigen, wie der Pflegeberuf insgesamt attraktiver gestaltet werden kann. Ausgangspunkt ist  dabei der stetig steigende Fachkräftebedarf in der Pflege.

Struktur & Ziele

Um diese Ziele zu erreichen, haben wir in der 1. Förder­phase (1. März 2017 bis 31. März 2020) mit den Praxispartnern Welcome Center Sozialwirtschaft Baden-Württemberg (WCS) und Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) die aktuelle Situation in Baden-Württemberg analysiert.

Aus den Forschungsergebnissen haben wir in der 2. Förder­phase (1. April 2020 bis 31. März 2022) mit unseren Praxis­partnern der  Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohl­fahrtspflege  und dem Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe Südwest e. V. (DBfK Südwest e. V.) sowie verschiedenen Akteuren der Pflegebranche Handlungsempfehlungen abgeleitet.

Die Handlungsempfehlungen und Ergebnisse auf dieser Webseite sind die Essenz dieser Forschungsarbeit. Auf dieser Transferplattform finden Sie wissenschaftliche Untersuchungen, konkrete Handreichungen und ausführliche Informationen rund um das Thema Fachkräftesicherung in der Pflege zu folgenden Schwerpunkt­themen:

Arbeitsgestaltung, berufliche Bildung, Entlohnung, Interessensvertretung, Leistungsgestaltung und Organisationsentwicklung.

Sprecherin des Forschungsverbunds ZAFH care4care
Prof. Dr. Karin Reiber
karin.reiber@hs-esslingen.de

Forschungsverbund & Gremien

Der Forschungsverbund besteht aus einem interdisziplinären Team von Wissenschaftlerinnen  und Wissenschaftlern der Hochschule Esslingen (Projektleitung: Prof. Dr. Karin Reiber und Prof. Dr. Katarina Planer), der Hochschule Ravensburg-Weingarten (Projektleitung: Prof. Dr. Maik H.-J. Winter) und dem Institut für angewandte Wirtschaftsforschung e. V.,Tübingen (Projektleitung: Dr. Jochen Späth). Darüber hinaus wird der Forschungs­verbund durch unterschiedliche Gremien begleitet, beraten und unterstützt.

Steuerungsgruppe
Beratend unterstützt wird das Forschungsteam der federführenden Hochschule Esslingen durch eine interne Steuerungsgruppe, die sich aus Wissenschaftlern der Hochschule Esslingen unterschiedlicher Fachrichtungen zusammen­setzt.

Lenkungskreis
In der 2. Förderphase besteht der Lenkungskreis aus dem Projektkernteam und den Praxispartnern Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) und Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) Südwest e. V.  

Projekt-Beirat
Der externe Projekt-Beirat hat die Funktion, das gesamte Vorhaben beratend zu begleiten, bei der Validierung der Handlungsempfehlung zu unterstützen und zu einer Verbreitung der Projektergebnisse beizutragen. Diesem Projekt-Beirat gehören Schlüsselpersonen und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren der Pflegebranche, Wissenschaft und Politik an.

1. Förderphase von 2017 bis 2020

Der interdisziplinäre Forschungsverbund ZAFH care4care, bestehend aus der Hochschule Esslingen (HE -–Projektleitung: Prof. Dr. Karin Reiber und Prof. Dr. Gabriele Fischer), der Hochschule Ravensburg-Weingarten (RWU – Projektleitung: Prof. Dr. Maik H.-J. Winter), dem Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung e. V. (IAW – Projektleitung: Dr. Jochen Späth) und der über einen Unterauftrag assoziierten Katholischen Hochschule Freiburg (KHF – Projektleitung: Prof. Dr. Cornelia Kricheldorff und Prof. Dr. Anne Kellner) haben in verschiedenen Teilprojekten umfassende Ergebnisse zur Fachkräftesicherung erarbeitet.

Dabei wurden eine Vielzahl von Erhebungsinstrumenten angewandt, wie Betriebsfallstudien, eine Delphi-Befragung, explorative Fokus­gruppen­diskussionen, Expertinnen- und Experteninterviews, eine schriftliche standardisierte Befragung, eine (repräsentative) Bevölkerungsbefragung, vertiefende leitfadengestützte Interviews sowie eine Vignettenbefragung. In die Erhebungen wurden unterschiedliche Sichtweisen von Pflegefachkräften, Leitungspersonen, Personalvertretungen, Bevölkerungsgruppen etc. integriert. Sowohl die Erhebungsdesigns der jeweiligen Teilprojekte als auch die Ergebnisse wurden wechselseitig aufeinander abgestimmt, um der Komplexität der Fragestellung gerecht zu werden.

Forschungsmethodisches Vorgehen

Hochschule Esslingen
Hochschule Ravensburg-Weingarten
Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung Tübingen
Katholische Hochschule Freiburg
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Das Teilprojekt der Hochschule Esslingen adressierte vorrangig die beiden Handlungsfelder:

Handlungsfeld I: Vorhandene Fachkräfte im Pflegeberuf halten
Handlungsfeld II: Neue Fachkräfte gewinnen bzw. neue Potenziale erschließen

In der ersten Förderphase wurde der Fokus auf die betriebliche Personalpolitik und den strukturellen und gesellschaftspolitischen Rahmen, in dem sie stattfindet gelegt. Um dies umfassend untersuchen zu können, wurde ein empirischer Zugang mit drei unterschiedlichen Methoden gewählt:

Zu Beginn wurden explorative Expert*innen-Interviews durchgeführt, um zentrale Themen aus dem Feld heraus zu identifizieren und daraus die leitenden Forschungsfragen zu konkretisieren.

Mit einer mehrstufigen modifizierten Delphi-Befragung wurden betriebliche Maßnahmen und ihre Umsetzungsintensität erfasst, aber auch Forderungen an branchenrelevante Stakeholder erhoben sowie politische Aktivitäten von Leitungskräften des Mittleren Managements auf ihre Erfolgsaussichten hin bewertet.

Mit mulitperspektivischen Betriebsfallstudien wurde der Fokus auf die konkrete betriebliche Praxis im Umgang mit Fachkräftebedarf in der Pflege gerichtet und damit die Umsetzung von Konzepten mit ihren Möglichkeiten, Widersprüchlichkeiten und Begrenzungen analysiert.

Abschließend wurden validierende und ergänzende Expert*innen-Interviews mit Vertreter*innen aus Wissenschaft, Politik und Praxis geführt.

Die Ergebnisse der unterschiedlichen Zugänge wurden über die gesamte Förderphase eng miteinander verzahnt und jeweils aufeinander bezogen. Daraus wurden Impulse für die weiteren Erhebungsphasen gewonnen.

Beschreibung des methodischen Vorgehens

Expert*innen-Interviews

Zu Beginn des Projekts wurden explorative Expert*innen-Interviews geführt, um aus dem Feld heraus die relevanten Themen in Bezug auf die Fachkräftesicherung zu identifizieren. Im Abgleich und der Ergänzung der Literaturrecherche wurden Schlüsselthemen wie Ausbildung, Personalentwicklung, Finanzierung etc. abgeleitet, auf deren Grundlage die Erhebungsinstrumente der Delphi-Befragung und fokussierten multiperspektivischen Betriebsfallstudien entwickelt wurden.

Am Ende der ersten Förderphase fanden vertiefende Expert*innen-Interviews statt, um die Ergebnisse der Delphi-Befragung und Betriebsfallstudien zu validieren. Zudem dienten diese Interviews auch dazu, weitere spezielle Fragestellungen, die im Verlauf des Projekts auftraten, zu analysieren.

Modifizierte Delphi-Befragung

Wie handeln Verantwortliche in den Einrichtungen, um dem Fachkräftebedarf aktiv zu begegnen? Welche weiteren Ideen und Forderungen werden von Leitungspersonen formuliert? Diese und andere Fragen wurden mittels der onlinegestützten dreistufigen Delphi-Befragung gestellt. Um das betriebliche (Nicht-)Handeln erfassen zu können, wurden Expert*innen der Region Neckar-Alb und dem Stadtkreis Stuttgart befragt, die als pflegefachliche Leitungen oder Schulleitungen von Betrieben und Einrichtungen für Personalfragen mit verantwortlich sind.

In der ersten Runde wurden Einschätzungen zum Pflegefachkraftbedarf in Baden-Württemberg und in der eigenen Einrichtung sowie Maßnahmen der Fachkräftesicherung innerhalb der einzelnen Einrichtungen erfasst und die dafür erforderlichen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen als auch die hemmenden Faktoren erfragt. Daneben wurde ein Ranking der wichtigsten Themen in Bezug auf die Fachkräftesicherung durchgeführt.

In der zweiten Runde wurden die Maßnahmen präzisiert, indem deren Anwendung bzw. Gründe für Nicht-Anwendung abgefragt wurden. Ergänzend wurden offene Fragen zu weiterführenden Ideen und Forderungen an die unterschiedlichen Akteursgruppen, wie Gewerkschaften, Politik, Berufsverbände etc. gestellt.

In der dritten Runde wurden alle bisher genannten Handlungsansätze und weiterführende Ideen thematisch zusammengefasst, um Sie im Hinblick auf ihren Stellenwert hinsichtlich der Berufs- und Arbeitgeberattraktivität zu bewerten. Zusätzlich wurde nach „Erfolgsfaktoren“ gefragt, aus welchen Gründen es manchen Einrichtungen (sehr) gut gelingt, ihren Fachkräftebedarf zu decken und anderen nicht.

Multiperspektivische Betriebsfallstudien

Die qualitativen multiperspektivischen Betriebsfallstudien haben die betriebliche Praxis in den Fokus genommen und dabei betriebliche Handlungsmöglichkeiten differenziert betrachtet. Analysiertwurden unterschiedliche Handlungskonstellationen im Kontext des Pflegefachkraftbedarfs in vier verschiedenen Betrieben der stationären Akut- und Langzeitpflege. Ziel der Betriebsfallstudien war es, Handlungsideen, praktische Maßnahmen und Umsetzungsspielräume aus unterschiedlichen Positionen und Akteursebenen (Leitung, Beschäftigtenvertretung, Pflegefachkräfte, etc.) und aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Die Integration der verschiedenen Perspektiven ermöglichte es, förderliche und hemmende Faktoren von Maßnahmen und Strategien zur Personalgewinnung, -bindung und -entwicklung zu identifizieren sowie Wechselwirkungen zwischen diesen und Widersprüche zu identifizieren. Aus der Zusammenschau ließ sich ein differenzierter Blick auf betriebliche Handlungsmöglichkeiten entwickeln. Als Erhebungsmethoden kamen leitfadengestütze Interviews und Gruppendiskussionen zum Einsatz, die Daten wurden mit der Dokumentarischen Methode ausgewertet.
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Die Hochschule Ravensburg Weingarten (RWU) befasste sich in der ersten Förderphase mit zwei Teilvorhaben, die den folgenden beiden Handlungsfeldern „Vorhandene Fachkräfte im Pflegeberuf halten“ (Handlungsfeld I) und „Neue Fachkräfte gewinnen und neue Potenziale erschließen“ (Handlungsfeld II) zuzuordnen sind.

Dabei wurde die spezifische Situation des Fachkräftemangels im ländlichen Raum aus den Perspektiven der Leistungserbringer (Teilvorhaben I) sowie der zukünftigen Leistungsnutzer*innen (Teilvorhaben II) adressiert.

Eine zentrale Herausforderung im Pflegewesen ist der Fachkräftemangel v.a. bedingt durch den demografischen Wandel: Die Zahl der Pflegebedürftigen in Baden-Württemberg könnte allein aus demografischen Gründen bis zum Jahr 2030 um 37% steigen (bis 2050 sogar um 80%), bei gleichzeitigem Rückgang des Anteils der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Berücksichtigt man weitere Faktoren wie bspw. den bisherigen Trend zur professionellen Pflege, erhöht sich bei gleichbleibendem Verhältnis zwischen Pflegepersonal und Pflegebedürftigen bis 2030 der Bedarf an Pflegepersonal um 45% (Gölz und Weber 2015). Regionalisierte Vorausberechnungen zeigen dabei einen sehr differenzierten Verlauf dieser Entwicklung (Kricheldorff et al. 2015).

Nach eigenen Berechnungen auf Datenbasis der Bertelsmann-Stiftung (www.wegweiser-kommune.de) wird für den Landkreis Ravensburg im Jahr 2030 von mehr als 1.000 unbesetzten Stellen im Pflegesektor ausgegangen (Bertelsmann Stiftung 2017). Ferner sind die kontinuierliche Alterung sowie die hohe Fluktuation der Pflegekräfte eine Herausforderung. Um diese Problemstellungen zu bewältigen, sind zum einen personalpolitische Strategien unter Berücksichtigung fachlicher, lebensweltlicher und kultureller Vielfalt von Pflegekräften notwendig. Zum anderen wird weiteres Wissen über Perspektiven und Präferenzen zukünftiger Pflegebedürftiger benötigt.

Deshalb fokussierte das Teilprojekt der Hochschule Ravensburg-Weingarten auf die Besonderheiten der Pflege sowie der Personalsituation im ländlichen Raum am Beispiel der Region Bodensee-Oberschwaben.

Um die mit dem ländlichen Raum assoziierten Besonderheiten in der Pflege umfassend zu ermitteln, wurde ein empirischer Zugang mit folgenden Methoden gewählt:

Unter explorativer Herangehensweise wurden Expert*innen aus Pflegeunternehmen, Kommune und Welcome Center in der Region Bodensee-Oberschwaben zu aktuellen personalpolitischen und strukturellen Problemstellungen der Pflegebranche sowie möglichen Bewältigungsstrategien befragt. Dafür wurden Fokusgruppendiskussionen mit Personalverantwortlichen aus den Pflegeunternehmen sowie Expert*innenbefragungen mit Vertreter*innen aus Kommune und Welcome Center genutzt.

Auf Basis der Ergebnisse dieser explorativen Erhebungen wurden anschließend alle in der Region Bodensee-Oberschwaben ansässigen Pflegeunternehmen schriftlich zu verschiedenen Problemlösungsstrategien befragt. Dabei wurden positive Schlüsselkonstellationen für eine erfolgreiche Personalgewinnung, -bindung und ‑entwicklung in der Pflege ermittelt.

Die Perspektive zukünftiger Nutzer*innen pflegerischer Leistungen wurde durch eine repräsentative Bevölkerungsbefragung eruiert. Angehörige pflegenaher Jahrgänge wurden zu ihren Auffassungen, Vorstellungen, Erwartungen und Präferenzen zu guter Pflege befragt.

Diese Ergebnisse wurden durch vertiefende, leitfadengestützte Interviews mit Angehörigen pflegenaher Jahrgänge ergänzt und validiert. Weitere Spezifika zu den Erwartungen an Pflege im ländlichen Raum wurden herausgearbeitet.

Beschreibung des methodischen Vorgehens

Teilvorhaben I: Die Perspektive der Leistungserbringer

In einem 2-Phasen-Mixed-Methods-Design wurde die Fachkräftesituation in der Region Bodensee-Oberschwaben beschrieben und analysiert. Ziel war es, Strategien und Handlungsleitlinien für positive Schlüsselkonstellationen erfolgreicher Personalarbeit in der Pflege abzuleiten.
Fokusgruppendiskussionen

Die Expert*innen aus akutstationärer, ambulanter und langzeitorientierter Pflege diskutierten in leitfadengestützten Fokusgruppendiskussionen folgende Forschungsfragen: Wie schätzen Pflegeunternehmen die aktuelle und zukünftige Fachkräftesituation in der ländlichen Region ein? Was kann auf Unternehmensebene getan werden, damit die Beschäftigungsfähigkeit erhalten und entwickelt werden kann? Welches Potential birgt die Rekrutierung von Pflegefachkräften aus dem Ausland - insbesondere für ländliche Regionen in Baden-Württemberg?

Ziel dieser Fokusgruppendiskussionen war es, zunächst mehr über die Pflegefachpersonalsituation in ländlichen Regionen und damit verbundene personalpolitische Herausforderungen zu erfahren. Des Weiteren wurde mit den Teilnehmer*innen über mögliche Strategien der Personalgewinnung, -bindung, -erhaltung und –entwicklung diskutiert, um sowohl offene Themenfelder und spezifische Aspekte der Personalpolitik im ländlichen Raum zu erschließen als auch um eine Basis für die darauffolgende standardisierte schriftliche Befragung zu generieren.
Expert*innenbefragung

Da Altenhilfeplanung eine kommunale Aufgabe ist (§ 8 SGB XI) und Gemeinden in der politischen Debatte um die Gewährleistung der Daseinsvorsorge (wohnortnahe Versorgung) eine immer wichtigere Rolle spielen, ergänzten Expert*innenbefragungen mit kommunalen Akteuren die Perspektive der Leistungserbringer. Dabei wurde insbesondere der Frage nachgegangen, wie Pflegeunternehmen durch kommunale Akteure unterstützt werden können, um die Fachkräftesituation in der Pflege, auch unter dem Aspekt kommunaler Daseinsvorsorge, zu verbessern.

Ziel dieser Interviews war es, den unternehmerischen Blick auf die Pflegepersonalsituation um gesellschaftliche Aspekte zu erweitern.
Schriftliche Befragung

Basierend auf der Analyse der aktuellen Pflegefachkräftesituation in Verbindung mit der Erhebung bereits angewandter Methoden und Maßnahmen bei Pflegeunternehmen der Region sollten praxistaugliche erfolgversprechende Strategien zur Personalgewinnung, -bindung und -entwicklung herausgearbeitet werden. Die schriftliche Befragung sollte somit dazu dienen, Schlüsselkonstellationen für eine erfolgreiche Personalpolitik aufzuzeigen, damit Pflegeunternehmen in ländlichen Regionen Baden-Württembergs ihr strategisches Vorgehen - mit Blick auf raumstrukturelle Besonderheiten - entsprechend ausrichten können.

Auf Basis der Erkenntnisse aus der qualitativen Analyse (Fokusgruppendiskussionen und Expert*inneninterviews) wurden alle Pflegeunternehmen der Region Bodensee-Oberschwaben (Vollerhebung) schriftlich zu ihrer Einschätzung der aktuellen und zukünftigen Pflegepersonalsituation, zu angewandten Methoden und Maßnahmen ihres Personalmanagements sowie zur Wirksamkeit vorhandener Strategien befragt. Mehr als ein Viertel der Leistungserbringer aus der Region nahm an dieser Befragung teil.

Die konkreten Ziele des Teilvorhabens waren:

1. Analyse und Beschreibung der aktuellen und zukünftigen Pflegefachkräftesituation in der ländlichen geprägten Region Bodensee-Oberschwaben.
2. Bewertung der bereits angewandten Maßnahmen auf Basis der Expertise der befragten Personalverantwortlichen.
3. Konzeption von Schlüsselkonstellationen, Strategien und Handlungsempfehlungen für erfolgreiches Personalmanagement in Pflegeunternehmen mit Blick auf die Besonderheiten des ländlichen Raums.

Teilvorhaben II: Die Perspektive zukünftiger Leistungsnutzer*innen

In zwei Untersuchungsschritten wurden Personen im Alter zwischen 65 und 75 Jahren in der Region Bodensee-Oberschwaben zu ihren Auffassungen und Vorstellungen zu guter Pflege befragt, um somit die Erwartungen und Präferenzen an eine mögliche spätere pflegerische Versorgung zu erfragen.
Schriftliche Befragung

Im Rahmen des zweiten Teilvorhabens wurde eine repräsentative schriftliche Befragung in den Landkreisen Ravensburg, Sigmaringen und im Bodenseekreis der Bevölkerung im Alter zwischen 65 und 75 Jahren durchgeführt, an der 625 Personen teilnahmen. Diese diente der Beantwortung folgender Fragestellungen: Wie stellen sich Menschen ihre spätere Pflegesituation vor? Welche Wohnformen und -orte präferieren sie? Was erwarten sie von den Leistungserbringern? Und was zeichnet aus ihrer Sicht gute Pflege aus?

Ziel dieser Erhebung war es, im Hinblick auf den ländlichen Raum, differenzierte, möglichst generalisierbare Erkenntnisse zu den Auffassungen, Vorstellungen, Erwartungen und Präferenzen zukünftiger Leistungsnutzer*innen hinsichtlich ihrer pflegerischen Versorgung zu ermitteln.
Leitfadengestützte Interviews

Es wurden 22 vertiefende leitfadengestützte Interviews mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern der schriftlichen Befragung ergänzten die Ergebnisse der schriftlichen Erhebung und unterstützten die Interpretation der Daten aus der Bevölkerungsbefragung. Dieses Vorhaben ermöglichte, detaillierte Hintergründe zu vorhandenen Altersbildern in der Gesellschaft, zu gesellschaftlichen Erwartungen an das eigene (hohe) Alter inkl. der Versorgung bei Pflegebedürftigkeit aufzuzeigen.
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Das Teilprojekt des IAW befasste sich vorrangig mit dem
Handlungsfeld III: Attraktivität des Pflegeberufs steigern.

Die Untersuchungen des IAW hatten dabei verschiedene Dimensionen von Attraktivität der Arbeit in der Pflege zum Gegenstand. Ziel war es zum einen, Merkmale attraktiver Arbeit in der Pflege zu identifizieren, zum anderen, die entsprechenden Merkmale auf ihre Ausprägung in der Pflege hin zu untersuchen. Am Ende der Untersuchungen wurden Handlungsideen entwickelt, mit denen die Attraktivität des Pflegeberufs erhöht und neue Fachkräfte für die Arbeit in der Pflege gewonnen werden können.

Im Rahmen des Teilprojekts hat sich das IAW verschiedener Methoden bedient.

Methodisches Vorgehen:

Analyse vorhandener sekundärstatistischer Daten (z.B. Stichproben der Integrierten Arbeitsmarktbiografien des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung)

Standardisierte repräsentative Befragung

Vignetten-Befragung

Beschreibung des methodischen Vorgehens

Analyse sekundärstatistischer Daten

Auf Basis vorhandener Literatur wurden (sekundär-) statistische Daten ausgewertet. Hinsichtlich Attraktivitätsfaktoren, die in der Literatur identifiziert wurden, wurden dabei zum einen die BiBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung, zum anderen die Stichprobe der Integrierten Arbeitsmarktbiographien ausgewertet.

Eigene Primärerhebung

Im Rahmen des Teilprojektes des IAW fand eine repräsentative standardisierte Befragung der Beschäftigten in den Pflegeberufen statt.
Die Befragung setzte sich aus einem kurzen klassischen Fragebogen sowie aus einer Vignettenbefragung zusammen.

Im Rahmen der Vignettenbefragung wurden den Befragten kurze, inhaltlich zusammenhängende Texte („Vignetten“) vorgelegt, die die verschiedenen Pflegeberufe hinsichtlich relevanter Merkmale näher charakterisieren.
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Ergebnisse zahlreicher empirischer Studien attestieren der Pflege in Altenpflegeheimen und Krankenhäusern übereinstimmend ungünstige Rahmenbedingungen, die mit hohen Belastungswerten bei Pflegenden einhergehen und sich unter anderem in den überdurchschnittlichen Burnout-Raten und dem Anteil jener, die frühzeitig aus dem Pflegeberuf aussteigen (möchten), widerspiegeln (vgl. Hasselhorn et al. 2005). Vor diesem Hintergrund darf jedoch nicht vergessen werden, dass eine große Anzahl der Pflegefachkräfte ihren Beruf leidenschaftlich gerne ausübt und für sie keine andere Tätigkeit infrage kommt (vgl. Ensik 2014).

Im Rahmen dieses Teilprojekts wurde danach gefragt, welche Voraussetzungen und Bedingungen förderlich und notwendig sind, damit Pflegende ihrem Beruf kontinuierlich, gesund und zufrieden nachgehen können.

Hierfür wurde ein qualitativer Forschungsansatz gewählt und die Perspektive auf die einzelnen Pflegefachkräfte und ihre individuellen Berufsbiographien gerichtet. Es wurde ergründet, welche Erwartungen Pflegefachkräfte an ihren Beruf stellen und welche Motive sie antreiben. Werthaltungen, die Einstellung zur eigenen Profession, Selbstwirksamkeitserwartungen sowie das subjektive Sinnerleben werden beleuchtet.

Fokussiert wurden dabei die Fragen nach
- berufsförderlichen (und berufshemmenden) Einflussfaktoren
- ihrer Wirkung auf die persönliche Motivation, im Berufsfeld zu arbeiten / zu verbleiben
- der Rolle institutioneller Rahmenbedingungen und individueller Bedürfnisse
- Unterschieden in Erwartungen, Motivlagen, Professionsverständnis und Selbstwirksamkeitsempfinden der Pflegenden

Damit knüpfte das Vorhaben an Forschungsergebnisse an, die den Zusammenhang zwischen Belastungen im beruflichen Alltag, dem Erleben von Wertschätzung und dem subjektiven physischen und psychischen Gesundheitsstatus (vgl. Zander et. al. 2011) im Sinne von Selbstwirksamkeitserleben von Pflegekräften deutlich aufzeigen (vgl. Hinding et. al. 2012). Die Ergebnisse dieser qualitativen Analysen lieferten Ansatzpunkte für mögliche Maßnahmen zur Reduktion von Belastungen (vgl. Kuhnert et. al 2010) sowie zur Personalentwicklung und -bindung, die über die bisher gewählten Strategien hinausgehen (vgl. Mielich & Kricheldorff 2016).

Ensink, G. (2014): „Und trotzdem möchte ich nichts Anderes tun“. Die kognitive Repräsentation des Pflegeberufs bei Pflegefachkräften in der stationären Altenpflege. Dissertation. Universität Heidelberg, Heidelberg. Institut für Gerontologie. [Online verfügbar unter:] archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/17435/1/Dissertation-G%20Ensink-Endfassung-14%2009%2009.pdf [zuletzt geprüft am 14.07.2017]

Hasselhorn, H.-M.; Müller, B. H.; Tackenberg, P.; Kümmerling, A.; Simon, M. (2005): Berufsausstieg bei Pflegepersonal. Arbeitsbedingungen und beabsichtigter Berufsausstieg bei Pflegepersonal in Deutschland und Europa. Bremerhaven, Dortmund: Wirtschaftsverl. NW Verlag für Neue Wissenschaft; Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin.

Hinding, B., Akca, S., Spanowski, M., Kastner, M. (2012): Mit Wertschätzungskultur zu mehr Stolz und Leistungsfähigkeit bei Pflegenden. In: Reichwald, R., Frenz, M., Hermann, S., Schipanski, A. (Hrsg.): Zukunftsfeld Dienstleistungen: Professionalisierung – Wertschätzung – Innovation. Wiesbaden: Gabler.

Kuhnert, P., Hinding, B., Kastner, M. (2010): Wertschätzung fördern und Belastungen reduzieren – die Herausforderung in der Krankenpflege. In: Fuchs-Fronhausen, P., Blass, K., Dunkel, W., Hinding, B., Keiser, S., Klatt, R., Zühlke-Robinet, K. (Hrsg.): Wertschätzung, Stolz und Professionalisierung in der Dienstleistungsarbeit „Pflege“. Marburg: Tectum Verlag: 6-9.

Mielich, A./ Kricheldorff, C. (2016): Neue Wege beschreiten. Konzepte von neuer Führung als eine Interventionsmöglichkeit für eine alterns- und generationengerechte Beschäftigung in Pflege und Sozialer Arbeit. In: Becke, G., Bleses, P., Frerichs, F., Goldmann, M., Hinding, B., Schweer, M.: Zusammen – Arbeiten – Gestalten. Soziale Innovationen in sozialen und gesundheitsbezogenen Dienstleistungen. Wiesbaden: Springer VS: 203-222.

Zander, B., Dobler, I., Busse, R. (2011): Studie spürt Gründen für Burnout nach. Psychische Erkrankungen kommen in der Pflege überproportional häufig vor. Pflegezeitschrift, Jg. 64, Heft 2:98-101.

Beschreibung des methodischen Vorgehens

Foschungsmethodisches Vorgehen

Das Forschungsdesign des Teilprojekts sah den Einsatz verschiedener Analyse- und Erhebungsmethoden vor:

Literaturrecherche: Analyse und Aufbereitung des gegenwärtigen Forschungsstands im Hinblick auf die vorliegende Fragestellung.

Sekundäranalyse von 75 qualitativen Interviews, die im Kontext anderer Forschungsprojekte erhoben wurden. Durch eine Kombination von induktivem und deduktivem Vorgehen wurde das Material mit dem Fokus auf berufshemmenden und berufsfördernden Faktoren ausgewertet.

Entwicklung eines Modells, das Auskunft über Wirkmechanismen gibt, die zwischen Arbeitsbedingungen, Arbeitszufriedenheit, Motivation und subjektiver Gesundheit bestehen.

Konzeption und Durchführung einer Interviewstudie, im Rahmen derer die benannten Mechanismen empirisch ergründet wurden. Es fand eine Erhebung und Auswertung von bis zu 50 qualitativen Interviews mit Pflegefachkräften aus verschiedenen Pflegesettings statt.

Gutachten des DIP e.V.

Das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung e. V. hat in den Regionen Baden-Württembergs, in denen die Erhebungen des care4care durchgeführt wurden, ausgewählte Kennzahlen zur Pflegeentwicklung analysiert. Hierzu zählen beispielsweise die Anzahl der Pflegepersonen, Menschen mit Pflegebedarf, der Schülerinnen und Schüler und der Auszubildenden.